Leitfaden: Wiki oder Dokument – Wo gehört’s hin?

Dokumente überall: Auf dem Desktop, in Ordnern, in E-Mails und sehr wahrscheinlich nicht einmal in der aktuellen Version. Sie sind schnell erstellt, aber oft schwer wiederzufinden, unhandlich zu teilen oder schlicht veraltet. Dieses Chaos kann frustrieren und eine Menge Zeit kosten. Ein Enterprise Wiki hingegen bietet Struktur, Aktualität und eine niedrigschwellige Möglichkeit, Informationen zu teilen.

Dieser Leitfaden soll bei der Entscheidung unterstützen, ob eine Information in Form eines klassischen (digitalen) Dokuments oder im Organisations- bzw. Firmen-Wiki geteilt werden sollte.

Verallgemeinert lässt sich empfehlen, so viele Informationen wie möglich im Wiki zu speichern, um die Zusammenarbeit, Aktualität und Zugänglichkeit zu verbessern. Dokumente sollten nur in (den folgenden) spezifischen Fällen verwendet werden, und zwar dann, wenn die Art des Inhalts oder andere Parameter dies wirklich erfordern.

Begriffsklärung

Dokument: Ein (elektronisches/digitales) Dokument ist eine Aufzeichnung von Informationen, die in verschiedenen Formaten wie DOCX (Word), XLSX (Excel), PPTX (PowerPoint), PDF usw. gespeichert wird.

Wiki: Ist ein niedrigschwelliges, beschränkungsarmes und webbasiertes Werkzeug (IT-Tool) für den kollaborativen Wissens- bzw. Informationsaustausch, wie Confluence, BlueSpice, MediaWiki, DokuWiki, XWiki und viele weitere.

Was verwende ich wann?

Die folgenden Umstände erfordern meist die Verwendung eines Dokuments.

Komplexe Formatierung und Gestaltung: Wenn der Inhalt spezielle (nicht anders abbildbare) Formatierungen, Funktionen in Tabellen, umfangreiche Diagramme oder andere komplexe Layouts erfordert, ist ein Dokument besser geeignet, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Offline-Zugriff: Wenn die Informations-Adressat*innen häufig in Situationen ohne Internetzugang arbeiten, ist die Verwendung eines Dokuments zu empfehlen, da der Zugriff auf Wiki-Inhalte offline nicht möglich ist.

Externes Teilen: Wenn die Information mit Externen (wie Kund*innen oder Lieferant*innen) zu teilen ist. Da ein firmeninternes Wiki oft nicht für externe Parteien freigeschaltet ist und gewisse Design-Standards (Corporate Design) einzuhalten sind, sollte in einem solchen Fall auf ein Dokument zurückgegriffen werden.

Juristische oder rechtliche Anforderungen: Für rechtlich bindende Dokumente wie Vereinbarungen oder Verträge ist ein Dokument erforderlich, um die Rechtsverbindlichkeit sicherzustellen.

→ Alles andere (wofür es keine dedizierte Wissensmanagement-Software gibt) sollte im Wiki dokumentiert werden.

Weitere Vorteile eines Wikis

Zentralisierung von Informationen: Während Dokumente oft auf verschiedenen Laufwerken, Ordnern oder in E-Mails verteilt sind, bietet ein Wiki eine zentrale Anlaufstelle für Informationen. Dieser Ansatz erleichtert die Suche nach den richtigen Inhalten, ebenso wie diese aktuell zu halten.

Kollaborative Bearbeitung: Bei der Bearbeitung digitaler Dokumente können Bearbeitungskonflikte auftreten, wenn mehrere Personen gleichzeitig darauf zugreifen (sollte dies überhaupt möglich sein). In einem Wiki können dagegen viele Personen simultan an Inhalten arbeiten.

Versionshistorie: Während bei Dokumenten oft mehrere Versionen manuell erstellt und gespeichert werden müssen, protokolliert ein Wiki automatisch alle Änderungen.

Einfache Verlinkung: In Dokumenten sind Verlinkungen oft nur begrenzt (wenn überhaupt) nutzbar. Wikis bieten dagegen die Möglichkeit, Inhalte leicht miteinander zu verknüpfen, was das Lernen und Navigieren erleichtert.

Integration: Dokumente sind in der Regel isolierte Dateien. Wiki-Inhalte hingegen können leichter in andere Systeme integriert werden, wodurch der Informationsaustausch verbessert wird.


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Wissens­management­-Software einführen: Ein Leitfaden

Ein wissensförderliches IT-Tool zu implementieren ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die sorgfältige Planung und einen partizipativen Ansatz erfordert. Es ist mir wichtig, zu betonen, dass eine Wissensmanagement-Software nicht isoliert betrachtet werden sollte und nicht alleine dafür sorgen wird, dass das Wissensmanagement auf “die nächste Stufe” gehoben wird. Solche Lösungen können hilfreiche Werkzeuge sein, aber sie sind immer nur so gut wie die Organisationskultur, in der sie eingesetzt werden.

Auch ist es besonders wichtig, alle von der Veränderung betroffenen Personen abzuholen und einzubeziehen. Die Prinzipien des Change Managements – Partizipation, Transparenz und Kommunikation – spielen hierbei eine entscheidende Rolle.

Bedürfnisse und Ziele klar definieren

Der erste Schritt besteht darin, die spezifischen Bedürfnisse und Ziele der Organisation zu identifizieren. Dies sollte in einem partizipativen Prozess erfolgen (!), in welchen die Nutzenden aktiv einbezogen werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das zu implementierende IT-System den Anforderungen und Erwartungen der zukünftigen Nutzer*innen entspricht.

Die von mir bevorzugte und besonders partizipative Vorgehensweise ist eine “einfache” Umfrage. Worauf bei einer solchen Umfrage geachtet werden sollte und wie vorgegangen werden kann, beschreibe ich – wenn auch in einem anderen Szenario beschrieben – in diesem Artikel (wird derzeit grundlegend überarbeitet).

In diesem Schritt ist es besonders sinnvoll, das bestehende Berechtigungskonzept zu reflektieren. Oftmals sind Organisationen nicht gewohnt, einen so offenen Ansatz (mit wenigen Lese-/Schreibbeschränkungen) zu verfolgen, wie ihn eine Wissensplattform benötigt. Dies führt früher oder später zu Problemen und kann die gesamte Einführung nachhaltig gefährden.

In diesem Artikel habe ich mich bereits ausgiebig mit dieser Thematik beschäftigt: Known Worries in der Debatte um Restriktionen in Enterprise Wikis.

Auswahl des IT-Tools

Die Auswahl der richtigen Wissensmanagement-Software, welche den Bedürfnissen der Organisation entspricht und gleichzeitig ausreichend intuitiv in der Anwendung ist, stellt den nächsten Schritt dar. Hierbei ist Transparenz von entscheidender Bedeutung. Die Nutzenden sollten den Auswahlprozess nachvollziehen können und verstehen, wie das ausgewählte IT-System ihre Arbeit unterstützen wird.

Welche Art von Anwendung es wird, hängt von den Bedürfnissen und dem Ziel ab. Ob es ein Wiki, ein ECMS eine Lernplattform (LMS), oder ein anderes IT-Tool wird, ist demnach höchst individuell.

Begleitung und Schulung der Nutzer*innen

Die Implementierung des IT-Tools ist nur der Anfang. Im Weiteren kann eine transparente, begleitende Kommunikation (in Meetings, über Blog-Beiträge oder auf anderem Wege) erheblich zu dem Erfolg der Einführung beitragen. Auch ist die Schulung der Nutzenden entscheidend, um diese zu befähigen, das IT-System zu nutzen. Zusätzlich zur Schulung ist auch ein dedizierter Support wichtig, an den sich die Mitarbeitenden bei Fragen oder Problemen wenden können.

Für die Anfangszeit nach der Einführung des IT-Systems, empfehle ich wöchentliche “Change-Dialoge” anzubieten (in Präsenz, online oder hybrid), zu welchen interessierte Mitarbeitende Fragen und Anregungen mitbringen können.

Kontinuierliche Verbesserung

Eine Wissensmanagement-Software ist kein einmal geplantes und dann “in Stein gemeißeltes” Werkzeug. Durch das regelmäßige Einholen von Feedback und entsprechende Anpassungen kann das System auch in Zukunft relevant und nützlich bleiben. Nichts frustriert Nutzer*innen mehr, als dass diese immer wieder vor denselben Hindernissen und Problemen stehen.

Fazit

Insgesamt ist die erfolgreiche Implementierung eines WiMa-IT-Systems nicht nur ein einmaliges Projekt, sondern anschließend ein fortlaufender Prozess, welcher die aktive Beteiligung aller Betroffenen erfordert.

Mit einer guten Bedarfsanalyse und klaren Zielen plus einem Fokus auf Partizipation, Transparenz und Kommunikation, steht dem nachhaltigen Erfolg des Wissensmanagement-Werkzeuges nichts mehr im Weg!


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Explizites und implizites Wissen – was ist der Unterschied?

Wenn wir über Wissen in Organisationen sprechen, denken wir oft an Wissensdatenbanken, Richtlinien, Anleitungen (ob schriftlich oder mündlich), Protokolle oder an andere Dinge, die leicht gegriffen und dadurch ebenso leicht weitergegeben werden können. Wir denken also an das explizite Wissen. Doch was ist mit dem Wissen, welches wir nur sehr schwer, also mit hohem Aufwand oder gar nicht an andere Personen weitergeben können? Dieses Wissen – welches den größten Teil unseres Wissens ausmacht – ist das sogenannte implizite Wissen.

In diesem Artikel möchte ich die beiden Wissensarten erklären und Beispiele für diese nennen, damit die Abgrenzung greifbarer wird.

Vor allem jedoch möchte ich durch die Hervorhebung der unterschiedlichen Beispiele unterstreichen, dass unser Wissen nicht einfach in irgendwelche IT-Tools “gepackt” werden kann. Denn Wissen (und demnach auch Wissensmanagement) ist so viel mehr, als in IT-Anwendungen ablegbare Informationen.

Explizites Wissen

Explizites Wissen (oder explicit knowledge) ist das Wissen, welches leicht artikuliert und dadurch mit geringem Aufwand an andere Personen weitergegeben werden kann.

Beispiele für explizites Wissen

  1. Anleitungen: Eine Anleitung – ob mündlich oder schriftlich – gibt vor, wie eine bestimmte Tätigkeit in welcher Reihenfolge durchgeführt werden sollte.
  2. Regelungen: Organisationsregelungen oder andere Richtlinien sind ebenfalls explizites Wissen. Sie sind klar definiert und können leicht von einer Person zur anderen weitergegeben und oft in einem Dokument nachgeschlagen werden.
  3. Wegbeschreibungen: Wenn der Weg zu einem bestimmten Ort (Kantine, Kund*in, Kolleg*in, etc.) erklärt wird, ist dies explizites Wissen. Die Route und die notwendigen Abbiegungen können klar beschrieben werden und die Informationen können leicht verstanden und nachverfolgt werden.

Implizites Wissen

Implizites Wissen, auch stilles Wissen oder im Englischen “tacit knowledge” genannt, ist Wissen, welches nur mit erhöhtem Aufwand (und in manchen Fällen gar nicht) in Worte gefasst werden kann.

Diese Form des Wissens ist oft persönlicher und erfahrungsbedingter Natur und umfasst abstrakte Dinge wie persönliche Fähigkeiten, Erfahrungen, Intuitionen und Werte.

Beispiele für implizites Wissen

  1. Organisationskultur: Die Kultur einer Organisation umfasst Überzeugungen, Verhaltensweisen, Normen, Werte und ungeschriebene Regeln, die in einer Organisation vorherrschen. Diese so zu artikulieren, dass sie eine außenstehende Person genauso versteht, wie die übermittelnde, ist nur mit einem enorm hohen Aufwand oder manchmal gar nicht möglich.
  2. Erkennen von Emotionen: Das Erkennen von Emotionen bei anderen Menschen basiert auf implizitem Wissen. Wir können die Stimmung einer Person erkennen, indem wir auf subtile Hinweise wie Gesichtsausdrücke, Körpersprache oder Tonfall achten. Diesen Prozess können wir meist nicht vollständig erklären.
  3. Beziehungen und Netzwerke: Wir haben oft ein Gespür dafür, wer was in der Organisation weiß und wer die richtige Person für bestimmte Themen ist (Wissenstransparenz). Dieses Wissen ist nur sehr schwer zu vermitteln, da es sich hierbei eher um ein Bauchgefühl handelt (weshalb ist gerade Person A die richtige für Thema Y).

Zusammenfassung

Explizites und implizites Wissen nehmen beide wichtige Rollen im organisationalen Wissensmanagement ein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass unser gesamtes Wissen nicht einmal im Ansatz trivialerweise in Wissensmanagement-Software abgelegt werden kann, da es weit über die so abbildbaren Informationen hinausgeht.

Es ist wichtig, dass uns die verschiedenen Wissensarten präsent sind, damit wir Wissen nicht versehentlich auf in Dokumente gepackte Inhalte reduzieren oder gar unsere Wissensmanagement-Strategie nur mit Fokus auf des explizite Wissen erarbeiten.


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Wissen auf Distanz: Wissens­management im Homeoffice

Homeoffice ist mittlerweile zum Quasi-Standard eines modernen Arbeitsumfeldes geworden. Neben den vielen Vorteilen des mobilen Arbeitens kommt ein wesentlicher Aspekt aus dem Wissensmanagement hierbei jedoch oft zu kurz: der informelle Austausch. Doch das muss nicht sein!

Informeller Austausch ist die nicht strukturierte, oft spontane Weitergabe von Wissen zwischen zwei oder mehreren Personen.

Im Kontext von auf Distanz arbeitenden Teams stellt der informelle Austausch eine besondere Herausforderung dar. Die räumliche Trennung kann die Kommunikation und damit auch den effektiven Austausch erschweren.

Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht in der Nutzung von speziellen IT-Tools. Plattformen für gemeinsames Arbeiten (Chats, Online-Meeting-Tools, etc.) oder explizite Wissensmanagement-Systeme (wie zum Beispiel Wikis) können dabei helfen, Informationen in einem Team zu organisieren und zugänglich zu machen.

Doch Tools alleine sind nicht die Lösung. Eine offene und kommunikative Kultur im Team ist essenziell. Es muss ein Klima des Vertrauens und der Zusammenarbeit geschaffen werden, in dem die Teammitglieder ermutigt werden, ihr Wissen überhaupt zu teilen und trotz Hürden voneinander zu lernen.

Auch regelmäßige (virtuelle) Meetings und Workshops können dazu beitragen, dass Wissen geteilt und Diskussionen angeregt werden. So wird nicht nur der Austausch innerhalb des Teams gefördert, sondern auch der Teamgeist gestärkt.

Die folgende Methode finde ich besonders charmant, da sie dem in Präsenz häufig stattfindenden Auf-dem-Flur-Treffen recht nahekommt:

Das Team Café

Foto von Peter Scherbatykh auf Unsplash

Die Umsetzung ist (zumindest technisch gesehen) recht simpel. Mithilfe eines Online-Meeting-Tools wird ein täglicher Regeltermin eingestellt, zu welchem alle Teammitglieder eingeladen sind. Die Länge des Termins ist hierbei variabel und die Teilnahme freiwillig. Dieser Raum (das “Meeting”) sollte nun als Flur oder Kaffeeküche verstanden werden.

Wenn ich in meinem Alltag gerade Zeit habe, schnappe ich mir eine Tasse Kaffee (oder ein Wasser) und schaue kurz vorbei, um mich mit anderen Kolleg*innen auszutauschen. Wenn ich nur 10 Minuten Zeit habe oder mich die Themen nicht besonders interessieren, “gehe ich einfach weiter” (bzw. verlasse den Raum wieder).

Die Methode hat das Wort “Café” in sich, da es eine lockere und offenen Atmosphäre sein soll. Heißt: keine Agenda, keine Pflicht und auch persönliche Themen sind willkommen (wie es auf dem Flur eben auch der Fall wäre).

Aber weshalb ist diese Form des Austausches so wichtig? Informelle Gespräche sind ideal für schnelle Problemlösungen, da Mitarbeitende in einer ungezwungenen Umgebung unmittelbar Feedback und Ideen austauschen können. Vor allem aber verhindert sie die Bildung von Wissens-Silos innerhalb des Teams, was durch die Arbeit von Zuhause aus, schnell vorkommen kann.


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Known Worries in der Debatte um Restrik­tionen in Enterprise Wikis

Confluence, MediaWiki, DokuWiki und Co. – Wer darf welche Informationen einsehen und wer darf wo etwas ändern/hinzufügen? Diese Fragen zur Offenheit von Enterprise Wikis, werden sich im Kontext des Wissensmanagements immer wieder gestellt und bringen einige vielfältige Bedenken mit sich. Von Befürchtungen über Vandalismus bis zur Verbreitung von Falschinformationen. In diesem Artikel möchte ich einige dieser bekannten Sorgen („Known Worries“) aufgreifen und erklären, wie wir diese angehen können.

Abgrenzung: In diesem Beitrag beschreibe ich lediglich organisationsinterne Enterprise Wikis, nicht jene, die mit externen Personengruppen, wie zum Beispiel Kund*innen oder Lieferant*innen geteilt werden.

Im Kerngedanken ist ein Wiki-System für alle Community-Mitglieder lesend sowie schreibend zugänglich, heißt: Alle dürfen alles einsehen und dazu beitragen (vgl. Cunningham & Leuf, 2001).

Dieser philosophische Grundgedanke wird leider nicht immer mit offenen Armen empfangen, da mit einem solch offenen Ansatz einige Sorgen einhergehen können. Auf drei immer wieder präsente Bedenken möchte ich hier genauer eingehen.

Known Worries – Aber was, wenn…?

Durch eigene Beobachtungen und den Austausch mit anderen Wissensmanager*innen (bspw. in einer Session auf dem KnowledgeCamp 2022), konnte ich die folgenden drei Known Worries identifizieren.

  • Tagesgeschäft (bzw. keine Zeit mehr für dieses)
  • Qualitätsverlust oder versehentliche Verbreitung von Falschinformationen
  • Vandalismus (Inhalte werden gelöscht oder unsachgemäß verändert)

Wie können wir dem begegnen?

Ich möchte zunächst hervorheben, dass die Sorgen und Ängste der Betroffenen in solchen Veränderungsprozessen (Einführung eines neuen Wiki-Systems oder die „Öffnung“ dieser) stets mit hoher Aufmerksamkeit und Respekt behandelt werden müssen. Ignorieren wir diese, riskieren wir das Scheitern des gesamten Vorhabens, da die Akzeptanz und die Mitwirkung der Nutzer*innen selbstredend wesentliche Faktoren für den Erfolg einer solchen Initiative sind.

Es ist von entscheidender Bedeutung, die Betroffenen so früh wie möglich in den Change-Prozess einzubeziehen. Dies kann mithilfe verschiedener Ansätze aus dem Change Management erfolgen. Zum Beispiel durch regelmäßige Meetings, in denen die Beteiligten ihre Meinungen, Bedenken und Vorschläge teilen können oder durch Befragungen, um ihren Standpunkt und ihre Wünsche besser zu verstehen.

Des Weiteren ist es wichtig, den Betroffenen gegenüber eine wohlwollende und aufgeschlossene Haltung einzunehmen. Das bedeutet nicht nur, aufmerksam zuzuhören, wenn sie ihre Gedanken und Ängste äußern, sondern auch ihre Äußerungen ernst zu nehmen und sie in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen.

Schließlich sind es die Nutzenden, die am besten wissen, was sie von einem Wiki erwarten und benötigen. Doch kommen wir zu den Known Worries.

Tagesgeschäft

Die Befürchtung, dass Mitarbeitende mehr Zeit damit verbringen könnten, in verschiedenen Bereichen des Wikis zu stöbern, anstatt sich auf ihre „primären Aufgaben“ zu konzentrieren, könnte als potenzielle Ablenkung und somit als Beeinträchtigung des sog. Tagesgeschäfts gesehen werden. Die Sorge und der Umgang damit kann auf viele Maßnahmen aus dem Wissensmanagement bzw. der Wissensarbeit abstrahiert werden.

Eine solche Denkweise sollte unbedingt differenziert werden, denn tatsächlich bietet die vermeintlich ziellose Nutzung des Wikis eine Reihe an Vorteilen, die oft übersehen werden.

Zum einen wäre da der inspirative Mehrwert, den solche „Wiki-Ausflüge“ bieten. Durch das Stöbern in den verschiedenen Inhalten können die Mitarbeitenden ihre Neugier wecken, etwas Neues lernen und ihren Horizont erweitern. Dies kann neue Perspektiven und frische Ideen in die tägliche Arbeit bringen, die wiederum zu einer verbesserten Problemlösung und zu innovativen Ansätzen führen können.

Des Weiteren kann die Nutzung des Wikis den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen oder Fachbereichen unterstützen. In vielen Organisationen ist die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen suboptimal. Durch den Zugang zu den verschiedenen Inhalten des Wikis kann die Plattform dazu beitragen, die Silos aufzubrechen und ein Gefühl der Gemeinschaft zu fördern.

Schließlich sollte die Plattform als eine Lernmöglichkeit gesehen werden, welches die Entwicklung der Mitarbeitenden fördert. Durch das Stöbern erwerben die Mitarbeiter*innen sehr wahrscheinlich neues Wissen, welches sie in ihrer täglichen Arbeit einsetzen können.

Somit – weit entfernt davon, Zeitverschwendung zu sein – kann das Erkunden des Wikis als eine wertvolle Investition in die Weiterbildung von Mitarbeitenden und die Verbesserung der Organisationskultur betrachtet werden.

Qualitätsverlust

Häufiger gibt es die Befürchtung, dass die Qualität der Inhalte sinken könnte, wenn viele Menschen an der Erstellung dieser beteiligt sind. Bei näherer Betrachtung fußen diese Ängste oftmals auf dem Vergleich mit Vorgehensweisen, bei denen ausschließlich Fachpersonal die Inhalte bearbeitet, was vermeintlich zu einer höheren Qualität führt.

Jedoch werden hierbei in der Regel die Vorteile übersehen, die eine breite Beteiligung mit sich bringen kann. Entgegen der intuitiven Vermutung führt die dadurch entstehende Meinungs- und Perspektivenvielfalt tatsächlich eher zu der Entstehung qualitativ hochwertigerer und glaubwürdigerer Beiträge (Henriksson et al., 2008).

Des Weiteren kann die aktive Beteiligung der Mitarbeitenden an der Erstellung und Überprüfung der Seiten zu einer höheren Eigenverantwortung und damit zu einer höheren Qualität führen. Wenn die Mitarbeitenden wissen, dass ihre Einträge von Kolleg*innen gesehen werden, kann dies motivieren, genauer und sorgfältiger bei der Erstellung zu sein.

Ebenso ermöglicht die Wiki-Philosophie (alle dürfen alles lesen und bearbeiten) eine fortlaufende Überprüfung und Verbesserung der Beiträge. Fehler oder Ungenauigkeiten können schnell erkannt, korrigiert und somit auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Vandalismus

Die Sorge vor Vandalismus, also vorsätzlichen Beschädigungen oder unsachgemäßen Änderungen an den Inhalten des Wikis, basiert häufig auf Erfahrungen mit öffentlichen Plattformen wie der Wikipedia, wo solche Vorfälle durchaus nicht selten sind.

Im beruflichen oder organisationalem Kontext ist diese Gefahr jedoch um ein Vielfaches geringer. Die Mitarbeitenden sind in der Regel nicht daran interessiert, der Organisation, für welche Sie arbeiten, zu schaden.

Die Versionshistorie, welche typisch für Wiki-Systeme ist, trägt ebenfalls zur Minimierung dieses Risikos bei. Sie ermöglichen eine genaue Nachverfolgung von Änderungen, sodass leicht erkennbar ist, wer welche Änderung vorgenommen hat. Es ist jedoch sehr wichtig zu beachten, dass diese Funktion niemals als Drohwerkzeug eingesetzt werden sollte, da dies eine (offensichtlich) ohnehin bereits auf Misstrauen basierende Organisationskultur weiter vertiefen würde.

Angemessene Einschränkungen von Wiki-Inhalten

Im organisationalen Kontext gibt es selbstverständlich Szenarien, in denen es angemessen sein kann, Inhalte einzuschränken.

Obwohl restriktionsarme Wikis einen hohen Mehrwert für die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch in Organisationen bieten, gibt es durchaus Situationen, in denen es notwendig sein kann, den Zugriff auf bestimmte Inhalte zu beschränken. Beispiele hierfür können sein:

  1. tatsächlich sensible Informationen (oft wird dies als Scheinargument genutzt)
  2. rechtliche Anforderungen
  3. Dokumentationen interner Kontrollen (z.B. Audits)

Wichtig ist, dass solche Einschränkungen sinnvoll und transparent eingesetzt werden und nicht dazu dienen, die Zusammenarbeit und den offenen Austausch einzuschränken. Zudem sollte immer geprüft werden, ob eine Restriktion wirklich notwendig ist und ob es möglicherweise andere Wege gibt, die zugrunde liegenden Bedenken zu adressieren.

Fazit

Enterprise Wikis mit möglichst wenig Restriktionen können die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer in Organisationen effektiv fördern. Ängste oder Befürchtungen können durch gezielte Ansätze aus dem Change Management, wie beispielsweise dem frühzeitigen Einbeziehen der Beteiligten, sowie einer Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens erfolgreich angegangen werden.

Die Art und Weise, wie mit einem Enterprise-Wiki-System umgegangen wird, ist zum Großteil ein Spiegel der Organisations- und Wissenskultur. Deshalb ist es notwendig, an genau dieser Stelle anzusetzen.

Das ideale Wiki sollte sich auf eine offene, gleichwertige und lernende Organisationskultur stützen und frei von auf Misstrauen basierenden Restriktionen sein.


Quellenverzeichnis

Leuf, B. & Cunningham, W. (2001). The Wiki Way: Collaboration and Sharing on the Internet: Quick Collaboration on the Web. Addison Wesley.

Henriksson, J., Mikkonen, T. & Vadén, T. (2008). Experiences of Wiki use in Finnish companies. Proceedings of the 12th international conference on Entertainment and media in the ubiquitous era – MindTrek ’08. https://doi.org/10.1145/1457199.1457232 | researchgate.net


Eine gekürzte Fassung dieses Beitrags wurde am 29.11.2022 im GfWM-Newsletter 4/2022 veröffentlicht.


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