MediaWiki zählt zu den führenden Wiki-Systemen und ist möglicherweise sogar das am weitesten verbreitete. Dies verdankt es seiner vielfältigen Anpassungsfähigkeit und vor allem seiner Prominenz durch die Wikipedia, welche auf MediaWiki basiert.
Wie auch andere Open-Source-Wikis lebt MediaWiki von den vielen durch die Community entwickelten Erweiterungen. Doch mit rund 1.500 verfügbaren Add-ons gibt es zu viele, um den Überblick zu behalten.
Daher möchte ich hier einige der, meiner Meinung nach, nützlichsten MediaWiki-Extensions vorstellen. Natürlich ist die Auswahl stark von den individuellen Anforderungen abhängig, doch die folgenden Erweiterungen dürften jedes MediaWiki bereichern.
Wer sich für weitere Wiki-Lösungen interessiert und erfahren möchte, wie diese im Vergleich zueinander abschneiden, sollte einen Blick auf den folgenden Artikel werfen: Wiki-Vergleich: 6 Alternativen zu Confluence
Die Erweiterungen im Überblick
Vorweg: Erweiterungen (oder im Englischen “extensions”) sind von der Community programmierte Zusatzmodule, die spezifische Funktionen und Features zur Basisinstallation von MediaWiki hinzufügen.
Die folgenden Extensions sind in keiner besonderen Reihenfolge aufgelistet und ebenso wie MediaWiki und die meisten anderen Erweiterungen alle Open Source.
Erweiterungen, welche ebenfalls hilfreich sind, jedoch bei der Installation von MediaWiki mitinstalliert werden können (wie Replace Text, Thanks, MultimediaViewer oder VisualEditor), werden in diesem Artikel nicht berücksichtigt.
LinkTitles – automatisches Verlinken
Die Entdeckung dieser Erweiterung hat mich besonders gefreut, da sie eine fundamentale Funktionsweise des Wiki-Prinzips erleichtert: das Verlinken von Seiten.
LinkTitles automatisiert das Verlinken von Seiten anhand der im Text vorkommenden Wörter oder Wortkombinationen. Wenn die Standardeinstellungen beibehalten werden, passiert dies bei jedem Speichervorgang. Zudem gibt es eine Spezialseite (Spezial:LinkTitles), über welche der Prozess über alle Seiten hinweg angestoßen werden kann. Natürlich ist es nach wie vor möglich, Verlinkungen händisch hinzuzufügen. Ich finde diese Extension besonders hilfreich, wenn die Anzahl der Wiki-Seiten den Bereich des Überschaubaren überschreitet.
Beispiel: Wenn ich den Satz “Lessons Learned ist eine Methode aus dem Wissensmanagement.” in eine Seite einfüge und es zu “Lessons Learned” und “Wissensmanagement” bereits Seiten im Wiki gibt, werden diese Begriffe automatisch verlinkt.
Lingo bietet die Möglichkeit, ein zentrales Glossar zu erstellen, welches die definierten Begriffe auf anderen Seiten erkennt und die hinterlegten Definitionen dieser anzeigt, wenn mit der Maus über sie gehovert wird.
Ich nutze die Erweiterung jedoch gerne in einer etwas abgewandelten Form, nämlich als Abkürzungsverzeichnis. Die übrige Funktionalität bleibt unverändert. Sobald eine zuvor im Abkürzungsverzeichnis definierte Abkürzung in einem beliebigen Teil des Wikis auftaucht, wird sie visuell hervorgehoben und ihre Bedeutung erscheint beim Überfahren mit der Maus.
Für eine Glossar-Seite hatte ich bisher keinen Bedarf, da ich der Ansicht bin, dass zu erklärende Begriffe in der Regel relevant genug sind, um für diese eine dedizierte Seite im Wiki anzulegen. Durch die Verwendung von der oben vorgestellten Erweiterung LinkTitels wird dann auch diese automatisch verlinkt und unter Verwendung der nachfolgenden Erweiterung “Popups” beim Mouseover erklärt.
Damit die erstellte Seite von der Erweiterung als zentrales Glossar erkannt und genutzt wird, muss diese den Namen “Glossar” haben (angenommen, das MediaWiki wurde auf Deutsch eingerichtet).
Wenn die Seite, auf welcher die Begriffe/Abkürzungen definiert werden, einen anderen Namen als “Glossar” haben soll (zum Beispiel “Abkürzungen”), muss dies auf der Config-Seite “[www.DeinWiki.de]/index.php/MediaWiki:Lingo-terminologypagename” geändert werden.
Auf die folgende Erweiterung stieß ich das erste Mal 2017, als ich mein erstes MediaWiki aufsetzte. Ich wunderte mich, dass ich keine Vorschau der Seiten erhalte, wenn ich über interne Links hover, wie ich es von Wikipedia gewohnt war.
Popups zeigt beim hovern über einen internen Link mit der Maus eine kleine Vorschau des verlinkten Artikels an, bestehend aus den ersten Textzeilen und dem ersten Bild (falls verfügbar). Dies bietet Nutzer*innen einen schnellen Einblick in den Inhalt, ohne die aktuelle Seite verlassen zu müssen.
ContainerFilter ermöglicht die Integration eines Suchfeldes innerhalb einer Wiki-Seite, die Eingaben in Echtzeit in festgelegten Bereichen (standardmäßig Tabellen) dieser Seiten filtert.
Beispiel: Wenn ich auf einer Seite eine große Tabelle habe, kann ich den ContainerFilter verwenden, um auf der Seite in Echtzeit innerhalb dieser Tabelle zu filtern. Alle Einträger innerhalb dieser Tabelle, die nicht mit der Eingabe übereinstimmen, verschwinden umgehend.
CirrusSearch ist eine weit verbreitete und leistungsfähige Suchfunktion basierend auf Elasticsearch, welche die Volltextsuche im Wiki verbessert. Es ermöglicht schnellere und genauere Suchergebnisse als die Standard-Suche.
MobileFrontend optimiert MediaWiki-Seiten für mobile Endgeräte, wodurch sie einfacher auf diesen nutzbar sind. Nicht alle MediaWiki-Skins (auch als Themes oder Templates bekannt) benötigen diese Erweiterung, da einige bereits über eigenständige, mobilfreundliche Oberfläche verfügen. Der Standardskin von MediaWiki, “Vector”, hingegen erfordert die Erweiterung, um mobile-friendly zu sein.
Am besten lässt sich der Nutzen im direkten visuellen Vergleich transportieren.
RelatedArticles zeigt am Ende von Wiki-Seiten eine Liste mit thematisch verwandten Wiki-Artikeln an. Dies verbessert die Navigation und fördert das Stöbern innerhalb des Wikis.
Beispiel: Am Ende einer Seite über “Linux” könnten verwandte Inhalte wie “Linux-Distributionen”, “Open-Source-Software” oder “Debian 12 Serverkonfiguration” vorgeschlagen werden.
Eine Sandbox (im Deutschen oft als Sandkasten oder Spielwiese übersetzt) ist im Wiki-Kontext ein spezieller Bereich, in welchem Nutzer*innen experimentieren und üben können, ohne den Hauptinhalt des Wikis zu beeinträchtigen. Sie dient als Testumgebung, um das Bearbeiten zu lernen, neue Funktionen zu testen oder Änderungen vorzubereiten, bevor sie live gehen.
Die Erweiterung SandboxLink fügt für alle angemeldeten Nutzer*innen einen individuellen Link zu ihrer persönlichen Sandbox hinzu.
Semantic MediaWiki (kurz SMW) erweitert die Funktionalität von MediaWiki, sodass Daten innerhalb des Wikis strukturiert zu speichern und abzufragen.
Das folgende Beispiel veranschaulicht, wie SMW eingesetzt werden kann, um Produkten spezifische Kriterien zuzuordnen und diese anschließend danach zu filtern.
Schritt 1 – Seitenerstellung für jedes Produkt: Für jedes Produkt muss eine eigene Wiki-Seite erstellt werden. Neben allen weiteren Informationen auf dieser Seite müssen semantische Tags hinzugefügt werden, die wichtige Informationen über das Produkt speichern. Für dieses Beispiel wurden einer Produktseite die folgenden Tags hinzugefügt:
Schritt 2 – Abfragen von Daten: Nun kann SMW genutzt werden, um Produkte zum Beispiel auf einer anderen Wiki-Seite nach spezifischen Kriterien zu filtern und beispielsweise tabellarisch aufzuführen. Hier ist ein Beispiel für eine solche Abfrage:
HitCounters fügt eine Funktionalität zur Erfassung und Anzeige von Seitenaufrufen hinzu. Es ermöglicht somit, die Popularität einzelner Seiten zu identifizieren.
Zudem fügt die Erweiterung eine neue Spezialseite namens Spezial:Beliebteste_Seiten hinzu, auf welcher alle Wiki-Seiten nach der Anzahl ihrer Seitenaufrufe absteigend aufgelistet werden.
Die GuidedTour-Erweiterung bietet ein Framework für die Erstellung interaktiver Führungen innerhalb von MediaWiki. Diese “geführten Touren” führen Nutzer*innen schrittweise durch typische Workflows wie das Bearbeiten einer Seite oder das Hochladen eines Bildes, mit Dialogfeldern, die Anweisungen oder Tipps geben.
Mit der Extension kommt eine optionale bereits eingerichtete Tour, welche zeigt, wie Nutzer*innen ihre erste Bearbeitung durchführen können. Weitere Touren müssen eigenständig erstellt werden.
Die Erweiterung InlineComments ermöglicht das Einfügen von Kommentaren direkt im Fließtext einer Wiki-Seite, ähnlich wie in Confluence.
Um einen Kommentar hinzuzufügen, muss man zunächst den gewünschten Text markieren, woraufhin ein „+“-Symbol erscheint. Kommentare können beantwortet, bearbeitet oder, falls nötig, gelöscht werden. Dank der „@“-Mention-Funktion lassen sich auch andere Nutzer*innen benachrichtigen.
Alle Kommentare werden in der Versionshistorie protokolliert und können bei Bedarf wiederhergestellt werden.
Zuletzt möchte ich eine MediaWiki-Ergänzung erwähnen, welche jedoch technisch gesehen keine Erweiterung darstellt, sondern einen sogenannten “Skin” (aus anderen Kontexten als Theme oder Template bekannt).
Es handelt sich um den Skin “Citizen“, welcher ursprünglich für das Star Citizen Wiki(ja, das ist tatsächlich ein MediaWiki) entwickelt wurde.
Besondere Merkmale:
responsives Layout – responsiv und anpassungsfähig an verschiedene Bildschirmgrößen
Light-/Dark Mode – Wechsel zwischen hellem und dunklem Modus
Lesepräferenzen – Anpassung der Seitenbreite, Schriftgröße und Zeilenhöhe
einklappbare Abschnitte – Artikelabschnitte sind ein- und ausklappbar
mitscrollendes Inhaltsverzeichnis – Zugriff auf das Inhaltsverzeichnis überall im Artikel
progressive Web-App – bietet ein App-ähnliches Erlebnis
Und so sieht dann beispielsweise eine MediaWiki-Seite aus, wenn das System den Skin “Citizen” verwendet.
Wiki-Systeme wie MediaWiki, Confluence, DokuWikiund viele mehr können förderliche Werkzeuge für den kollaborativen Wissensaustausch in Organisationen sein. Mit der Zeit wächst die Anzahl der Seiten, und die internen Verlinkungen gestalten sich immer einfacher, bis das Wiki schließlich zur zentralen Informationsquelle innerhalb der Organisation wird.
Doch mit der steigenden Seitenanzahl wächst auch der Pflegeaufwand. Neu angelegte Seiten wollen auf bereits existierende verlinkt, Kategorien überarbeitet und Inhalte zusammengefasst werden. Da diese Aufgaben in der Regel weniger ansprechend sind als das Erstellen oder Bearbeiten von Seiten, neigen sie dazu, aufgeschoben und vernachlässigt zu werden.
Dies führt in der Konsequenz dazu, dass Seiten verwaisen, an Aktualität verlieren und Redundanzen entstehen. Mitarbeitende verlieren die Lust Inhalte zu teilen und das Wiki wird zu einem weiteren Tool, das aufgrund unzureichender Pflege auf dem Friedhof der ausprobierten IT-Tools in Vergessenheit gerät.
Um dem entgegenzuwirken, sollten sich motivierte und begeisterte Wiki-Nutzer*innen von vorneherein zusammentun und ein Wiki-Gardening-Team bilden.
Was ist Wiki-Gardening?
Wiki-Gardening ist ein Sammelbegriff und umfasst alle Tätigkeiten in einem Wiki, die über das bloße Erstellen und Bearbeiten von Seiten hinausgehen.
Diese Aktivitäten werden im Idealfall von einer Community aus Freiwilligen durchgeführt, die sich der Pflege und Verbesserung des Wikis verschrieben haben. In diesem Zusammenhang wird die Metapher des „Gardenings“, also der Gartenpflege verwendet, weil diese Tätigkeit eine passende Analogie bietet. Gartenarbeit beinhaltet das Jäten von Unkraut und die Pflege der Pflanzen, um sowohl die Ästhetik als auch die Ergiebigkeit des Gartens zu steigern.
Das Hauptziel der Wiki-Gärtner*innen besteht darin, es dem Rest der Wiki-Community zu ermöglichen, sich voll und ganz auf die Erstellung wertvoller Inhalte zu konzentrieren.
Gruppenbildung und Organisatorisches
Aber wer sollte in einem solchen Team sein? Die Antwort ist simpel: alle, die Lust haben, mitzuwirken. Dies gilt, solange sich nicht übermäßig viele Personen melden, was in der Praxis meist die kleinste Sorge ist.
Um die Tätigkeiten des Wiki-Gardenings angehen zu können, braucht es Mitarbeitende, die Spaß daran haben, das Wiki zu pflegen und zu verbessern. Aus diesem Grund ist die Freiwilligkeit auch so wichtig. Wird einfach durch Führungskräfte ein Personenkreis für diese Rolle bestimmt, lässt sich nur schwer eines der einleitend beschriebenen Probleme lösen.
Im Idealfall kristallisieren sich schon während der Pilotierung des Wikis Personen heraus, die ein besonderes Interesse an dessen Pflege zeigen. Diese Mitarbeitenden können direkt angesprochen werden, um ihr Interesse an einer Beteiligung am Wiki-Gardening zu klären.
Zusätzlich kann die Idee des Wiki-Gardenings innerhalb der Organisation kommuniziert und zur Partizipation eingeladen werden.
Sobald sich ein Personenkreis gefunden hat, muss dieser Aufgaben identifizieren und eine passende Regelmäßigkeit finden, in welcher sich diesen gewidmet wird.
Aufgaben im Wiki-Gardening
Die Aufgaben des Wiki-Gardenings sind ebenso unterschiedlich und individuell, wie Organisationen selbst. Da Wiki-Gardening-Teams häufig aus Power-User*innen bestehen, wissen diese selbst am besten, welche Tätigkeiten im Wiki-Alltag auf der Strecke bleiben. Genau solche Aufgaben müssen von der Gruppe regelmäßig durchgeführt werden, um das Wiki aktuell und relevant zu halten.
Hier ein paar typische Aufgaben für den Wiki-Garten (nicht alle Tätigkeiten sind in allen Wiki-Lösungen notwendig):
Zusammenführen von Seiten: Ähnliche oder doppelte Inhalte in eine einzige Seite verschmelzen, um Redundanz zu vermeiden.
Löschen von Seiten: Veraltete, irrelevant gewordene oder unangemessene Seiten entfernen.
Anlegen von Weiterleitungen: Nutzer*innen automatisch von einer Seite auf eine andere weiterleiten, insbesondere nach dem Verschieben oder Umbenennen von Seiten.
Hinzufügen von internen Verlinkungen: Navigation und Vernetzung innerhalb des Wikis durch Verknüpfung von Seiten verbessern.
Einsetzen von Redlinks: Links auf noch nicht existierende Seiten platzieren, um die Erstellung fehlender Inhalte anzuregen.
Zusammenführen von Kategorien: Ähnliche Kategorien verschmelzen, um Überschneidungen zu minimieren und die Navigation zu vereinfachen.
Ergänzen von Kategorien: Neue Kategorien hinzufügen, um Organisation und Auffindbarkeit von Inhalten zu verbessern.
Löschen von Kategorien: Überflüssige oder nicht mehr relevante Kategorien entfernen.
Verbesserung der Lesbarkeit und Strukturierung von Seiten
Optimierung der Startseite und Navigation
Für die Bewältigung der hier beschriebenen Aufgaben ist es enorm hilfreich, geeignete “Garten-Werkzeuge” zur Verfügung zu haben. Diese erleichtern beispielsweise das Ausfindigmachen neuer Seiten, verwaister Seiten (die nicht auf andere verlinken oder selbst keine Verlinkungen aufweisen) oder Redlinks.
Während einige Wiki-Lösungen diese Funktionen bereits mitliefern, erfordern andere die Installation spezieller Erweiterungen, und wiederum andere weisen sie nur bedingt bis gar nicht auf.
MediaWiki und BlueSpice verwenden zum Beispiel sogenannte Spezialseiten, welche die oben genannten Seiten oder Verlinkungen in Listenform darstellen.
XWiki und DokuWiki bieten zwar nicht so umfangreiche, aber definitiv ausreichend unterstützende Funktionen (zum Teil als Erweiterung, wie zum Beispiel verwaiste Seiten bei DokuWiki).
Confluence bietet standardmäßig auch einige Gardening-Tools, fördert die Verwendung von Redlinks jedoch leider nicht. Neu angelegte Seiten und die letzten Änderungen lassen sich über sogenannte Makros (in Seiten integrierbare Funktionen) anzeigen. Auf eine Auflistung verwaister Seiten können lediglich Bereichsadministrator*innen zugreifen.
Fazit
Die Etablierung eines Wiki-Gardening-Teams ist nicht nur eine strategische Entscheidung, sondern eine notwendige Maßnahme, um die Langlebigkeit und Nützlichkeit eines Wikis zu gewährleisten. Durch die kontinuierliche Pflege verhindern die Wiki-Gärtner*innen, dass das System zu einem unübersichtlichen Dschungel aus redundanten und veralteten Seiten wird. Dies ermöglicht allen anderen Wiki-Mitgliedern, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können: die Erstellung wertvoller Inhalte.
Die Wahl eines geeigneten Enterprise Wikis spielt in vielen Organisationen eine wichtige Rolle für den erfolgreichen Wissensaustausch. Mit zahlreichen Lösungen auf dem Markt kann die Auswahl jedoch überwältigend sein.
Auch wenn sich Enterprise Wikis auf die Nutzung dieser in Unternehmen beziehen, heißt das nicht, dass die hier angeführten Lösungen nicht auch für andere Organisationsarten, wie Vereine, Stiftungen, Behörden, NGOs, Bildungseinrichtungen und viele weitere geeignet sind.
Da sich die Frage nach dem “richtigen Wiki” jedoch nicht pauschal beantworten lässt, möchte ich hier einen kompakten Überblick über die beliebtesten Systeme und deren Funktionen geben, damit sich Organisationen (bzw. die Personen in der Verantwortung) selbst eine fundierte Meinung bilden können.
Während Atlassian’s Confluence bisher als Quasi-Standard galt, bringt die preisliche Entwicklung und der Fokus auf Cloud-Lösungen1 viele dazu, alternative Optionen in Erwägung zu ziehen. In diesem Artikel möchte ich deshalb die sechs populärsten Wiki-Lösungen, abseits von Confluence vergleichen. Dabei richte ich den Fokus speziell auf den deutschen Markt und schaue mir die Anforderungen an, welche Organisationen häufig an Wiki-Systeme stellen.
Mir ist es wichtig zu betonen, dass dies ein unabhängiger Vergleich ist. Dieser Artikel wurde ohne Einflussnahme oder finanzielle Unterstützung von Interessensgruppen erstellt.
Basisfunktionen außerhalb des Vergleichs
Die folgenden häufig angeforderten Funktionen sind in der Wiki-Welt mittlerweile zum Standard geworden, weshalb ich diese nicht mit in den tabellarischen Vergleich aufgenommen haben.
Die sechs Lösungen habe ich, gemessen an ihrem Nachfrage-Volumen in Deutschland2 (über die letzten 5 Jahre) absteigend sortiert.
Im Vergleich zu der Fünf-Jahresbetrachtung ist das Nachfrage-Volumen von XWiki und BookStack in den letzten 12 Monaten deutlich gestiegen, die Reihenfolge bleibt jedoch auch dort bestehen.
Vorab-Hinweise zu einzelnen Eigenschaften:
zum Punkt “Kostenlos”: hierbei geht es um die reine Software ohne Support.
zum Punkt “Redlinks”: Redlinks sind Hyperlinks in Wikis, die (meist) in roter Farbe dargestellt werden und auf noch nicht erstellte Seiten verweisen. Sie dienen als visueller Hinweis und Einladung zur Erstellung fehlender Inhalte.
zum Punkt “mobile friendly”: dies bedeutet, dass das Wiki so gestaltet ist, dass es auf Mobilgeräten leicht zu navigieren und gut lesbar ist.
Mit einem Stern (*) versehene Angaben werden unten näher erläutert. Die Angabe “ Plugin” bedeutet, dass die Funktion mithilfe einer kostenfreien Erweiterung hinzugefügt werden kann.
Auf der Website wikimatrix.org können 82 (!) Wiki-Systeme technisch verglichen werden, auch die hier genannten. Auf der Website wird jedoch Werbung für einzelne Lösungen und Dienstleistungen gemacht, weshalb ich keine Neutralität garantieren möchte. Auch sind einige Angaben nicht up to date.
MediaWiki
MediaWiki ist die Software, auf welcher Wikipedia basiert. Es verfügt über umfangreiche Erweiterungsmöglichkeiten durch kostenlose Plugins und eine sehr aktive Community. Mit flexiblen Anpassungsoptionen und der Unterstützung für Mehrsprachigkeit eignet sich MediaWiki nicht nur für große Enzyklopädien, sondern auch für Organisationswikis verschiedenster Art.
Ein frisch installiertes MediaWiki bietet zwar bereits umfangreiche Wiki-Funktionen, jedoch müssen für ein nutzungsfreundliches Firmenwiki noch einige Plugins installiert werden. Wer dafür keine Kapazitäten hat – viele Plugins bürgen immer auch einen höheren administrativen Aufwand – und zusätzlichen Enterprise Support benötigt, sollte eventuell BlueSpice in Erwägung ziehen.
Anmerkungen zu den markierten (*) Angaben in der Tabelle:
Enterprise Support: Es gibt Dritte, die Enterprise Support für MediaWiki anbieten.
Kommentare: MediaWiki bietet statt typischen Kommentaren eine dedizierte Diskussionsseite für jede Wiki-Seite.
Kollaboratives Bearbeiten: mithilfe der kostenlosen Erweiterung CollabPads
Visueller Editor: mithilfe der kostenlosen Erweiterung Visual Editor
KI-Editor-Assistenz: Mit der Erweiterung AIEditingAssistant kann eine KI-Assistenz eingebunden werden, welche verschiedene Möglichkeiten bietet, den markierten Text im Editor zu verändern, wie zum Beispiel den Text kürzer oder länger zu machen, zusammenzufassen, die Grammatik und Rechtschreibung zu korrigieren und die Sprache zu vereinfachen. Für die Verwendung der Erweiterung ist ein ChatGPT API-Key erforderlich.
Zwei-Faktor-Authentisierung: mithilfe der kostenlosen Erweiterung OATHAuth
PDF-Export: Es gibt mehrere Plugins, welche diese Funktion gewährleisten.
DokuWiki ist besonders für seine Einfachheit bekannt, da es keine Datenbank benötigt und im Allgemeinen eher auf eine simple Bedienoberfläche setzt. Es hat eine sehr aktive Community und ist ideal für Teams oder Organisationen, die eine schnelle und einfache Möglichkeit zur Dokumentation suchen, ohne viele Einstellungen vornehmen zu müssen. Auch DokuWikis Community bietet ein umfangreiches und kostenfreies Plugin-Angebot.
Anmerkungen zu den markierten (*) Angaben in der Tabelle:
Enterprise Support: Es gibt Dritte, die Enterprise Support für DokuWiki anbieten.
Kommentare: mithilfe der kostenlosen Erweiterung “Comment Plugin“
Visueller Editor: Es gibt mehrere Plugins, welche diese Funktion gewährleisten.
Simple Statistiken: mithilfe der kostenlosen Erweiterung “Statistics Plugin“
PDF-Export: Es gibt mehrere Plugins, welche diese Funktion gewährleisten.
mobile friendly: je nach Skin (Design, welches das Aussehen und Layout bestimmt) unterschiedlich, der Standardskin “Vector” (und viele andere) benötigen für eine mobil-freundliche Darstelung jedoch die kostenlose Erweiterung “MobileFrontend“
XWiki
XWiki ist eine Wiki-Software, welche sich durch ihre Anpassbarkeit und Erweiterbarkeit auszeichnet. Ähnlich wie MediaWiki und DokuWiki bietet es umfangreiche Erweiterungsmöglichkeiten durch kostenlose Plugins, die von einer aktiven Community bereitgestellt und gepflegt werden. XWiki ist besonders geeignet für Organisationen und Teams, die ein individuell angepasstes System suchen, ohne die Komplexität, die mit umfangreicheren Wikis einhergehen kann.
Im Vergleich zu anderen Wikis setzt XWiki auf eine eher hierarchische Strukturierung, welche den Nachteil mit sich bringt, dass sich vorab überlegt werden muss, wo der Inhalt einsortiert wird. Dies kann dazu führen, dass Inhalte gar nicht erst dokumentiert werden.
Anmerkungen zu den markierten (*) Angaben in der Tabelle:
Enterprise Support: Es gibt Dritte, die Enterprise Support für XWiki anbieten.
BookStack ist eine übersichtliche Wiki-Software, die sich durch ihre einfache Bedienung und einzigartige Strukturierung der Inhalte in Regalen, Büchern, Kapiteln und Seiten auszeichnet. Diese klare Gliederung ermöglicht es, Informationen schnell zu finden und zu organisieren, was den Zugang und die Navigation erleichtert. Anders als bei vielen anderen Enterprise Wikis setzt BookStack auf ein schlankes Design ohne zusätzliche Plugins, wodurch es sich besonders für Anwender*innen eignet, die eine unkomplizierte und direkt einsatzbereite Lösung bevorzugen, ohne durch eine Vielzahl von Erweiterungen überwältigt zu werden.
Ähnlich wie bei XWiki, hat diese hierarchische Strukturform den Nachteil, dass sich vorab überlegt werden muss, wo der Inhalt einsortiert wird. Dies kann dazu führen, dass Inhalte gar nicht erst im Wiki abgelegt werden.
BlueSpice basiert auf der Software MediaWiki und wird von der in Deutschland ansässigen Firma “Hallo Welt! GmbH” entwickelt und supportet. Im Vergleich zum regulären MediaWiki ist BlueSpice explizit für den organisationalen Gebrauch konzipiert und kommt standardmäßig mit rund 180 nützlichen Plugins. Zudem bietet BlueSpice einen Migrations-Service von Confluence zum eigenen System an.
Anmerkungen zu den markierten (*) Angaben in der Tabelle:
Kostenlos: Es gibt eine kostenlose Version, bei welcher jedoch einige der verglichenen Funktionen wegfallen. Was die kostenfreie Version beinhaltet und was nicht, ist auf der offiziellen Bluespice-Website zu finden.
KI-Editor-Assistenz: Die KI-Assistenz bietet verschiedene Möglichkeiten, den markierten Text im Editor zu verändern, wie zum Beispiel den Text kürzer oder länger zu machen, zusammenzufassen, die Grammatik und Rechtschreibung zu korrigieren und die Sprache zu vereinfachen. Für die Verwendung der Funktion ist ein ChatGPT API-Key erforderlich.
Plugin-Verfügbarkeit: Für BlueSpice können dieselben Erweiterungen verwendet werden, wie für MediaWiki.
Drupal Wiki zeichnet sich durch seine spezielle Ausrichtung auf Qualitäts- und Wissensmanagement aus. Ähnlich wie BlueSpice, hat sich Drupal Wiki auf den Einsatz in Unternehmen fokussiert und bietet einen Migrations-Service von Confluence zum eigenen System an. Mit einem umfangreichen Strukturierungssystem, das Kategorien, Tags und Räume umfasst, ermöglicht Drupal Wiki eine, im Vergleich zu anderen Systemen, erweiterte Organisation von Inhalten.
→ eine Demo ist lediglich auf Anfrage und über einen begrenzten Zeitraum von 30 Tagen möglich
Dokumente überall: Auf dem Desktop, in Ordnern, in E-Mails und sehr wahrscheinlich nicht einmal in der aktuellen Version. Sie sind schnell erstellt, aber oft schwer wiederzufinden, unhandlich zu teilen oder schlicht veraltet. Dieses Chaos kann frustrieren und eine Menge Zeit kosten. Ein Enterprise Wiki hingegen bietet Struktur, Aktualität und eine niedrigschwellige Möglichkeit, Informationen zu teilen.
Dieser Leitfaden soll bei der Entscheidung unterstützen, ob eine Information in Form eines klassischen (digitalen) Dokuments oder im Organisations- bzw. Firmen-Wiki geteilt werden sollte.
Verallgemeinert lässt sich empfehlen, so viele Informationen wie möglich im Wiki zu speichern, um die Zusammenarbeit, Aktualität und Zugänglichkeit zu verbessern. Dokumente sollten nur in (den folgenden) spezifischen Fällen verwendet werden, und zwar dann, wenn die Art des Inhalts oder andere Parameter dies wirklich erfordern.
Begriffsklärung
Dokument: Ein (elektronisches/digitales) Dokument ist eine Aufzeichnung von Informationen, die in verschiedenen Formaten wie DOCX (Word), XLSX (Excel), PPTX (PowerPoint), PDF usw. gespeichert wird.
Wiki: Ist ein niedrigschwelliges, beschränkungsarmes und webbasiertes Werkzeug (IT-Tool) für den kollaborativen Wissens- bzw. Informationsaustausch, wie Confluence, BlueSpice, MediaWiki, DokuWiki, XWiki und viele weitere.
Was verwende ich wann?
Die folgenden Umstände erfordern meist die Verwendung eines Dokuments.
Komplexe Formatierung und Gestaltung: Wenn der Inhalt spezielle (nicht anders abbildbare) Formatierungen, Funktionen in Tabellen, umfangreiche Diagramme oder andere komplexe Layouts erfordert, ist ein Dokument besser geeignet, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Offline-Zugriff: Wenn die Informations-Adressat*innen häufig in Situationen ohne Internetzugang arbeiten, ist die Verwendung eines Dokuments zu empfehlen, da der Zugriff auf Wiki-Inhalte offline nicht möglich ist.
Externes Teilen: Wenn die Information mit Externen (wie Kund*innen oder Lieferant*innen) zu teilen ist. Da ein firmeninternes Wiki oft nicht für externe Parteien freigeschaltet ist und gewisse Design-Standards (Corporate Design) einzuhalten sind, sollte in einem solchen Fall auf ein Dokument zurückgegriffen werden.
Juristische oder rechtliche Anforderungen: Für rechtlich bindende Dokumente wie Vereinbarungen oder Verträge ist ein Dokument erforderlich, um die Rechtsverbindlichkeit sicherzustellen.
→ Alles andere (wofür es keine dedizierte Wissensmanagement-Software gibt) sollte im Wiki dokumentiert werden.
Weitere Vorteile eines Wikis
Zentralisierung von Informationen: Während Dokumente oft auf verschiedenen Laufwerken, Ordnern oder in E-Mails verteilt sind, bietet ein Wiki eine zentrale Anlaufstelle für Informationen. Dieser Ansatz erleichtert die Suche nach den richtigen Inhalten, ebenso wie diese aktuell zu halten.
Kollaborative Bearbeitung: Bei der Bearbeitung digitaler Dokumente können Bearbeitungskonflikte auftreten, wenn mehrere Personen gleichzeitig darauf zugreifen (sollte dies überhaupt möglich sein). In einem Wiki können dagegen viele Personen simultan an Inhalten arbeiten.
Versionshistorie: Während bei Dokumenten oft mehrere Versionen manuell erstellt und gespeichert werden müssen, protokolliert ein Wiki automatisch alle Änderungen.
Einfache Verlinkung: In Dokumenten sind Verlinkungen oft nur begrenzt (wenn überhaupt) nutzbar. Wikis bieten dagegen die Möglichkeit, Inhalte leicht miteinander zu verknüpfen, was das Lernen und Navigieren erleichtert.
Integration: Dokumente sind in der Regel isolierte Dateien. Wiki-Inhalte hingegen können leichter in andere Systeme integriert werden, wodurch der Informationsaustausch verbessert wird.
Ein wissensförderliches IT-Tool zu implementieren ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die sorgfältige Planung und einen partizipativen Ansatz erfordert. Es ist mir wichtig, zu betonen, dass eine Wissensmanagement-Software nicht isoliert betrachtet werden sollte und nicht alleine dafür sorgen wird, dass das Wissensmanagement auf “die nächste Stufe” gehoben wird. Solche Lösungen können hilfreiche Werkzeuge sein, aber sie sind immer nur so gut wie die Organisationskultur, in der sie eingesetzt werden.
Auch ist es besonders wichtig, alle von der Veränderung betroffenen Personen abzuholen und einzubeziehen. Die Prinzipien des Change Managements – Partizipation, Transparenz und Kommunikation – spielen hierbei eine entscheidende Rolle.
Bedürfnisse und Ziele klar definieren
Der erste Schritt besteht darin, die spezifischen Bedürfnisse und Ziele der Organisation zu identifizieren. Dies sollte in einem partizipativen Prozess erfolgen (!), in welchen die Nutzenden aktiv einbezogen werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das zu implementierende IT-System den Anforderungen und Erwartungen der zukünftigen Nutzer*innen entspricht.
Die von mir bevorzugte und besonders partizipative Vorgehensweise ist eine “einfache” Umfrage. Worauf bei einer solchen Umfrage geachtet werden sollte und wie vorgegangen werden kann, beschreibe ich – wenn auch in einem anderen Szenario beschrieben – in diesem Artikel (wird derzeit grundlegend überarbeitet).
In diesem Schritt ist es besonders sinnvoll, das bestehende Berechtigungskonzept zu reflektieren. Oftmals sind Organisationen nicht gewohnt, einen so offenen Ansatz (mit wenigen Lese-/Schreibbeschränkungen) zu verfolgen, wie ihn eine Wissensplattform benötigt. Dies führt früher oder später zu Problemen und kann die gesamte Einführung nachhaltig gefährden.
Die Auswahl der richtigen Wissensmanagement-Software, welche den Bedürfnissen der Organisation entspricht und gleichzeitig ausreichend intuitiv in der Anwendung ist, stellt den nächsten Schritt dar. Hierbei ist Transparenz von entscheidender Bedeutung. Die Nutzenden sollten den Auswahlprozess nachvollziehen können und verstehen, wie das ausgewählte IT-System ihre Arbeit unterstützen wird.
Welche Art von Anwendung es wird, hängt von den Bedürfnissen und dem Ziel ab. Ob es ein Wiki, ein ECMS eine Lernplattform (LMS), oder ein anderes IT-Tool wird, ist demnach höchst individuell.
Begleitung und Schulung der Nutzer*innen
Die Implementierung des IT-Tools ist nur der Anfang. Im Weiteren kann eine transparente, begleitende Kommunikation (in Meetings, über Blog-Beiträge oder auf anderem Wege) erheblich zu dem Erfolg der Einführung beitragen. Auch ist die Schulung der Nutzenden entscheidend, um diese zu befähigen, das IT-System zu nutzen. Zusätzlich zur Schulung ist auch ein dedizierter Support wichtig, an den sich die Mitarbeitenden bei Fragen oder Problemen wenden können.
Für die Anfangszeit nach der Einführung des IT-Systems, empfehle ich wöchentliche “Change-Dialoge” anzubieten (in Präsenz, online oder hybrid), zu welchen interessierte Mitarbeitende Fragen und Anregungen mitbringen können.
Kontinuierliche Verbesserung
Eine Wissensmanagement-Software ist kein einmal geplantes und dann “in Stein gemeißeltes” Werkzeug. Durch das regelmäßige Einholen von Feedback und entsprechende Anpassungen kann das System auch in Zukunft relevant und nützlich bleiben. Nichts frustriert Nutzer*innen mehr, als dass diese immer wieder vor denselben Hindernissen und Problemen stehen.
Fazit
Insgesamt ist die erfolgreiche Implementierung eines WiMa-IT-Systems nicht nur ein einmaliges Projekt, sondern anschließend ein fortlaufender Prozess, welcher die aktive Beteiligung aller Betroffenen erfordert.
Mit einer guten Bedarfsanalyse und klaren Zielen plus einem Fokus auf Partizipation, Transparenz und Kommunikation, steht dem nachhaltigen Erfolg des Wissensmanagement-Werkzeuges nichts mehr im Weg!