Generations­übergreifendes Wissens­management – Geht das?

Wissen ist eine Ressource, die in keiner Organisation verloren gehen darf. Dennoch stehen viele vor der Herausforderung, das Wissen der meist älteren, ausscheidenden Mitarbeiter*innen zu bewahren (gerade in Zeiten des demografischen Wandels). Gleichzeitig müssen die “frischen” Ideen und Perspektiven der jüngeren Generation integrieren werden. Diese Balance ist nicht nur für den Unternehmenserfolg, sondern auch für die Arbeitszufriedenheit entscheidend. Das klingt nach einer Aufgabe für das organisationale Wissensmanagement!

→ Es gilt, eine Organisationskultur zu schaffen, die es ermöglicht, generationsübergreifend Wissenstransfer zu ermöglichen und zu fördert.

Aber wie kann das funktionieren?

Mentoring-Programme

Eine effektive Methode aus dem Wissensmanagement ist das Einrichten von Mentoring-Programmen. Erfahrene bzw. ältere Mitarbeitende werden dabei mit jüngeren Kolleg*innen zusammengebracht, um Wissen zu teilen. In diesem Modell sollten sich beide Parteien als Mentor*in und als Mentee verstehen. Dieser wechselseitige Ansatz fördert einen Umgang auf Augenhöhe und ermöglicht eine kontinuierliche Weiterentwicklung auf beiden Seiten. Während die Älteren ihre langjährigen Erfahrungen und bewährten Methoden weitergeben können, bringen die Jüngeren frische Perspektiven, technologisches Know-how und Innovationskraft ein.

Durch diesen Austausch wird nicht nur das Fachwissen beider Parteien erweitert, sondern auch die sozialen Kompetenzen und das Verständnis für die jeweils andere Generation gestärkt. Regelmäßige Treffen und Feedbackrunden sind hierbei entscheidet, um den Erfolg des Mentoring-Programms zu greifen und kontinuierlich anzupassen.

Mögliche Herausforderung: In einer solchen Konstellation, kann es gelegentlich zu Reibungen kommen, wenn die Ansichten und Arbeitsstile der beiden Parteien zu unterschiedlich sind. Ein Matching-Programm (systematischer Zuordnungsprozess, der durch Fragebögen oder Interviews optimale Paar-Bildungen ermöglicht), welches nicht nur Fachwissen, sondern auch persönliche Interessen und Arbeitsstile berücksichtigt, kann helfen, solche Konflikte zu minimieren.

Wissens­management­-Software

Ein sorgfältig ausgewähltes und gestaltetes Wissensmanagement-IT-Tool kann als Brücke zwischen den Generationen dienen. Die Schlüsselstrategie liegt in der Einbeziehung aller Mitarbeitenden, unabhängig von ihrer Altersgruppe, in die Auswahl und Gestaltung des IT-Systems. Bei der Implementierung sollten Workshops und Schulungen angeboten werden, die speziell auf die Bedürfnisse und Kenntnisse der älteren Generation zugeschnitten sind. So wird die Technologiebarriere minimiert.

Die Ermöglichung von Feedback ist ein weiterer entscheidender Faktor. Eine Software, die alle Mitarbeitenden ermutigt, Inhalte zu bewerten und Vorschläge für Ergänzungen oder Änderungen einzubringen, wird von allen Generationen als nützlich empfunden. So wird das System zu einer dynamischen, ständig wachsenden Plattform, die eine echte generationsübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht.

Allgemeine Hinweise zur Einführung eines IT-Tools habe ich in diesem Artikel näher beleuchtet: Wissens­management­-Software einführen: Ein Leitfaden

Mögliche Herausforderung: Die Technologie hinter der Wissensplattform könnte für ältere Mitarbeiter*innen eine Herausforderung darstellen. Schulungen und leicht verständliche Anleitungen können die Bedienbarkeit für alle Altersgruppen verbessern.

Gemeinsame Workshops

Ein grundlegendes Element für ein erfolgreiches generationsübergreifendes Wissensmanagement ist Verständnis und die gemeinsame Erfahrung. Durch gemeinsam durchgeführte Workshops können alle Mitarbeitenden nicht nur ihr Wissen teilen, sondern auch die Beweggründe, Interessen und Herausforderungen der anderen Generation besser verstehen. Diese Interaktion ermöglicht ein tieferes Verständnis für die Stärken und Bedürfnisse jeder Altersgruppe und fördert so die gegenseitige Wertschätzung. Das Endergebnis ist ein nachhaltiger Wissensaustausch, der den Bedürfnissen und Fähigkeiten aller Generationen gerecht wird.

Fazit

Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Anforderungen an das Wissensmanagement über Generationen hinweg ist eine komplexe, aber lohnenswerte Aufgabe. Durch die Implementierung von Mentoring-Programmen, der Einrichtung einer durchdachten WiMa-Software und der Durchführung gemeinsamer Workshops können Unternehmen eine Kultur schaffen, die das Beste aus allen Altersgruppen hervorbringt. So kann ein nachhaltiger, effektiver Wissensaustausch erreicht werden, der dem gesamten Unternehmen zugutekommt.


Foto von Amy Hirschi auf Unsplash

Explizites und implizites Wissen – was ist der Unterschied?

Wenn wir über Wissen in Organisationen sprechen, denken wir oft an Wissensdatenbanken, Richtlinien, Anleitungen (ob schriftlich oder mündlich), Protokolle oder an andere Dinge, die leicht gegriffen und dadurch ebenso leicht weitergegeben werden können. Wir denken also an das explizite Wissen. Doch was ist mit dem Wissen, welches wir nur sehr schwer, also mit hohem Aufwand oder gar nicht an andere Personen weitergeben können? Dieses Wissen – welches den größten Teil unseres Wissens ausmacht – ist das sogenannte implizite Wissen.

In diesem Artikel möchte ich die beiden Wissensarten erklären und Beispiele für diese nennen, damit die Abgrenzung greifbarer wird.

Vor allem jedoch möchte ich durch die Hervorhebung der unterschiedlichen Beispiele unterstreichen, dass unser Wissen nicht einfach in irgendwelche IT-Tools “gepackt” werden kann. Denn Wissen (und demnach auch Wissensmanagement) ist so viel mehr, als in IT-Anwendungen ablegbare Informationen.

Explizites Wissen

Explizites Wissen (oder explicit knowledge) ist das Wissen, welches leicht artikuliert, kodifiziert (dokumentiert) und dadurch mit geringem Aufwand an andere Personen weitergegeben werden kann.

Beispiele für explizites Wissen

  1. Anleitungen: Eine Anleitung gibt detailliert vor, wie eine bestimmte Tätigkeit in welcher Reihenfolge durchgeführt werden sollte.
  2. Regelungen: Organisationsregelungen oder andere Richtlinien sind ebenfalls explizites Wissen. Sie sind klar definiert und können leicht von einer Person zur anderen weitergegeben und oft in einem Dokument nachgeschlagen werden.
  3. Wegbeschreibungen: Wenn der Weg zu einem bestimmten Ort (Kantine, Kund*in, Kolleg*in, etc.) erklärt wird, ist dies explizites Wissen. Die Route und die notwendigen Abbiegungen können klar beschrieben werden und die Informationen können leicht verstanden und nachverfolgt werden.

Implizites Wissen

Implizites Wissen, auch stilles Wissen oder im Englischen “tacit knowledge” genannt, ist Wissen, welches nur mit erhöhtem Aufwand (und in manchen Fällen gar nicht) in Worte gefasst werden kann.

Es ist oft persönlicher und erfahrungsbedingter Natur und umfasst abstrakte Dinge, wie persönliche Fähigkeiten, Erfahrungen, Intuitionen, Einsichten und Werte.

Beispiele für implizites Wissen

  1. Organisationskultur: Die Kultur einer Organisation umfasst Überzeugungen, Verhaltensweisen, Normen, Werte und ungeschriebene Regeln, die in einer Organisation vorherrschen. Diese so zu artikulieren, dass sie eine außenstehende Person genauso versteht, wie die übermittelnde, ist nur mit einem enorm hohen Aufwand oder manchmal gar nicht möglich.
  2. Erkennen von Emotionen: Das Erkennen von Emotionen bei anderen Menschen basiert auf implizitem Wissen. Wir können die Stimmung einer Person erkennen, indem wir auf subtile Hinweise wie Gesichtsausdrücke, Körpersprache oder Tonfall achten. Diesen Prozess können wir meist nicht vollständig erklären.
  3. Beziehungen und Netzwerke: Wir haben oft ein Gespür dafür, wer was in der Organisation weiß und wer die richtige Person für bestimmte Themen ist (Wissenstransparenz). Dieses Wissen ist nur sehr schwer zu vermitteln, da es sich hierbei eher um ein Bauchgefühl handelt (weshalb ist gerade Person A die richtige für Thema Y).

Zusammenfassung

Explizites und implizites Wissen nehmen beide wichtige Rollen im organisationalen Wissensmanagement ein. Dabei ist jedoch zu beachten, dass unser gesamtes Wissen nicht einmal im Ansatz trivialerweise in Wissensmanagement-Software abgelegt werden kann, da es weit über die so abbildbaren Informationen hinausgeht.

Es ist wichtig, dass uns die verschiedenen Wissensarten präsent sind, damit wir Wissen nicht versehentlich auf in Dokumente gepackte Inhalte reduzieren oder gar unsere Wissensmanagement-Strategie nur mit Fokus auf des explizite Wissen erarbeiten.


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Community of Practice – gemeinsam lernen und wachsen

Communities gibt es überall – ob im Freundeskreis, in der Nachbarschaft oder im Verein. Nur am Arbeitsplatz wird dieses Konzept oft vernachlässigt, weil wir meist in starren Linienstrukturen arbeiten. Doch genau hier können Communities entscheidende Vorteile bieten und echten Austausch ermöglichen. Eine Community of Practice (CoP) ist genau so ein Raum, in dem Mitarbeitende voneinander lernen, Probleme gemeinsam lösen, neue Ideen entwickeln und umsetzen können.

Was ist eine Community of Practice?

Eine Community of Practice ist eine informelle Gemeinschaft, in der Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenkommen, um voneinander zu lernen, Ideen auszutauschen und Best Practices zu entwickeln. CoPs sind freiwillige, selbstorganisierte Gruppen ohne formale Hierarchie. Ihre Mitglieder bringen idealerweise unterschiedliche Wissensgrade mit, was eine große Vielfalt an Perspektiven und einen spannenden Austausch ermöglicht. Außerdem tragen Communities wesentlich zur Verbesserung der Wissenstransparenz und zur Förderung von Innovationen bei, indem sie einen sicheren Raum schaffen, in dem neue Ideen und Ansätze diskutiert und weiterentwickelt werden können.

Beispiel: Projektmanagement-CoP

Ein praktisches Beispiel für eine CoP wäre eine Gruppe zum Thema Projektmanagement. Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen könnten sich regelmäßig in einer ungezwungenen Runde treffen, um bewährte Ansätze zu teilen, sich gegenseitig zu unterstützen und neue Lösungen für ihre Projekte zu finden. Solche Treffen bieten die Möglichkeit, neue Methoden und Tools auszuprobieren, die später im gesamten Unternehmen zur Optimierung der Arbeitsabläufe eingesetzt werden können.

Förderliche Rahmenbedingungen

Damit eine CoP im organisatorischen Kontext langfristig bestehen bleibt und sich weiterentwickeln kann, ist es besonders wichtig, dass sie von der Führungsebene unterstützt wird. Die Bereitstellung von Ressourcen und die Anerkennung der Community-Arbeit sind wesentliche Faktoren für den nachhaltigen Erfolg einer CoP. Weitere Faktoren, die den Erfolg einer CoP fördern können, sind:

  • Geeignete Infrastruktur: Eine passende Plattform für den Austausch, wie IT-Tools oder physische Räume, erleichtert die Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb der Community.
  • Moderation: Eine gute Moderation unterstützt die Strukturierung der Treffen und stellt sicher, dass alle Mitglieder ihre Perspektiven einbringen können. Diese Moderation sollte nur eine leichte Unterstützung bieten und idealerweise aus der Community selbst kommen.
  • Sichtbarkeit und Kommunikation: Die Aktivitäten der CoP sollten innerhalb der Organisation sichtbar gemacht werden, um den Nutzen der Community zu verdeutlichen und weitere Interessierte zu motivieren, sich zu beteiligen.

Titelbild von Canva.